Soia Luron unterrichtet in Hemsbach

Niemals mehr in meinem Leben war ich so entspannt wie in Japan.

Sonia Luron 2009.
Sonia Luron 2009.

Sonia Luron lebt heute in Baden-Württemberg in der Nähe von Hemsbach, dort leitet sie mit ihrem Mann das Aikidotraining im Ortansässigen Verein, dem Budoclub Hemsbach (http://www.bchemsbach.de/).

Die junge Mutter steht neben ihrer genialen Baby-Schaukel, in einer Wohnung, aus der die Familie so bald wie möglich ausziehen muss, denn ein Teil der Wände dieser neuen Wohnung sind feucht, wahrscheinlich weil am Dachbau gepfuscht wurde. So steht die Suche nach einem Haus bevor, der Traum, dieses mit einem Dojo zu vereinen, ist auch vorhanden…

Im März 1991, mit gerade mal sechszehn Jahren machte Sonia Luron in der Bretagne ihre Prüfung zum shodan (national). Diesen legte sie vor VDB [anm.: Van-Droogenbroeck] ab. Sie blieb weitere fünf Jahre in ihrer Heimat, der Bretagne, um dann in Paris ein Kunststudium zu beginnen. Vorher hat Sonia zwei Jahre mit Jaff Raji trainiert. Schon er, meint sie, habe begonnen ihr Aikido zu korrigieren. Dann in Paris, habe sie bei Jacques Bardet weitertrainiert, aber auch dort musste sie von „Vorne“ beginnen – es sei schwierig das Dojo zu wechseln, denn obwohl das alles Schüler von Toshiro [anmn.: Suga] seien und „oben drüber“ natürlich Tamura stehe, so haben doch alle ihren eigenen Stil, und so musste sie jedes Mal aufs neue beginnen. Bei Jaff – „dein ukemi ist nicht gut“ – und Bardet sogar mit dem „ukemi“…

Auf meine Frage, wer für sie denn prägend gewesen sein, wird das von ihr zweifelsfrei mit Bardet beantwortet, eben die acht Jahre bei Jacques – die zwei Jahre bei Jaff seien nun einmal zu kurz, und bei Bertrand sei sie zu jung gewesen, zwischen ihrem 12. und 19. Jahr…
Die Jahre bei Jaff und Jacques seien heftig aber erfahrungsreich gewesen – die Schwierigkeit lege in dem Vergessen, dass was Jahre gelernt und vom Körper übernommen wurde, zur Seite zu schieben und Neues zu lernen…

Ich wende ein, dass dies ein gutes Konzept sei, was einem erlaube, mit dem neuen Schüler eine intensivere Form der „Aikido-Kommunikation“ aufzu-bauen. Das vermag sie aber nicht zu beurteilen, weil sie sich selbst eher als „verschlossen“ bezeichnet. Diese Introvertiertheit habe sich erst jetzt gemildert. Mit ihrem ersten Lehrer sei sie noch heute per Sie. Das sei eben ihr Naturell und ihr Problem, nicht das der Anderen, aber ihre Zurückhaltung habe sie sicherlich gebremst.
Da die beiden, Jaff und Jacques Idealisten seien, sei es von Anfang an streng gewesen – „es wurde gleich hart geworfen“ – intensiv. So entwickelte sich Aikido neben dem Studium zu ihrem Lebensinhalt. Sie lehnt sich einwenig zurück und sagt : „Wenn ich mich betrachte, mich selbst sehe, dann bin ich mit Aikido groß geworden – schließlich ab dem 12 Lebensjahr“.

Ich möchte wissen, ob denn die Methode, mit jungen Menschen hart zu arbeiten gut sei? Darüber könne sie nicht viel sagen, sagt sie, weil es Ihre Erfahrung sei, sie wisse nicht, wie es anderen damit gehe – und so jung sei sie da auch nicht mehr gewesen, denn bei Jacques sei sie 21 Jahre gewesen und als 17 oder 18 Jährige hatte sie am Anfang bei Jaff nur zweimal die Woche trainiert. Und erst zum Ende dann fast täglich. Eigentlich habe sie bei Bertrand, mit 13 an dem Erwachsenentraining teilgenommen und das sei intensiv aber nicht hart gewesen, im Gegensatz zu dem von Jaff und Jacques, welches intensiv und hart gewesen sei.

Sie kommt wieder auf meine Frage zurück und sagt, dass man Kinder nicht soviel trainieren lassen sollte, denn sie habe sich mit 15 Jahren einen Ischiasvorfall eingehandelt, diesen würde sie 100 pro der Trainingsintensität zuschreiben, denn sie wären bei Bertrand eine Kerngruppe gewesen und da habe es kein „Zurück“ gegeben – auch wurde kein Unterschied zwischen Männlein und Weiblein gemacht, was der Intensität des Übens seinen Stempel aufdrückte. In diesem Alter sei eben das Knochengerüst noch nicht so stabil… aber dafür kenne sie nun Ihren Körper sehr gut.

Um Aikido machen zu können, musste Sonia, wie alle Kinder das unpädagogische Ziel der Eltern erfüllen: Gute Noten = Aikido – keine gute Noten= kein Aikido. [gute Noten = assez bien – ziemlich gut, wird meistens ab 12/20 in Frankreich akzeptiert]

Ich möchte erfahren, wie es dazu kam, dass sie heute mehr auf Ihren Körper achtet. Das kam, meint sie, weil der Körper niemals eine Verletzung vergisst, und alle Verletzungen würden im Alter erneut aufkommen – das habe auch Toshiro [Suga] gelehrt. Ihre Stimme hebt sich ein wenig, der Atem wird hörbar, als sie mir erzählt, dass sie eine sehr schwere Verletzung erlebt habe, eigentlich sei sie nur knapp mit dem Leben davon gekommen! Da sei ihr bewusst geworden, dass es sich bei ihr immer um den Körper drehe – im Studium, dort habe sie immer Körper gezeichnet – im Aikido geht es eigentlich nur um den Körper, ….
Nach einem längeren Atemzug sagt sie, - und man erkennt, dass das immer noch ein akutes Thema ist, den sie spricht auf einmal mit einer leicht belegten Stimme – sie habe einen schweren Autounfall gehabt, auf der Rückfahrt von einem Lehrgang. Scheinbar unbewusst geht der rechte Arm zur Babywiege und versetzt diese in eine stille Bewegung. Ihr Mann habe auf dem Beifahrersitz geschlafen, sie fuhr, denn sie war nicht müde, weil sie wegen einer Schwangerschaft nicht mittrainiert habe, der Fahrer eines entgegenkommendes Fahrzeuges verlor die Kontrolle über seinen Wagen – dann lag Sonia für Monate im Krankenhaus.

© Copyright 1995-2024, Association Aïkido Journal Aïki-Dojo, Association loi 1901