Gespräch mit Jean-Claude Aegerter de Rossemaison bei Basel/CH.

Es ist klar, es ist nicht immer einfach im Leben! Probleme gibt es halt immer dort, wo Menschen zusammen kommen. Wir hoffen, wir verändern uns.

Jean-Cl. Aegerter in seinem Haus in Rossemaison/CH.
Jean-Cl. Aegerter in seinem Haus in Rossemaison/CH.

Jean Claude Aegerter, die neugierige Frage nach Ihrem Aikidoleben – es darf aber auch etwas aus Ihrem Privatleben sein!

Oh, das geht einige Jahre zurück … 1963. Man war jung, man suchte das Physische, das Boxen z.B. und verschiedene andere Sachen…


Wie alt waren Sie da?

Siebzehn oder achtzehn Jahre. Ich dachte, es wäre doch auch etwas, Judo zu praktizieren… und durch einen Zufall fand ich ein kleines Dojo in Lausanne. Ein Besuch zeigte, dass es dort mehrere Disziplinen gab, eben auch Aikido. Voilà, so begann ich mit Judo und Karate; es gefiel mir auch sehr gut. Aber nach und nach ließ ich das Karatetraining sein, um mehr Judo zu trainieren und später dann nur noch Aikido zu üben. (lacht)


Da gab es also schon Dojos mit einem solchen breiten Angebot an Budodisziplinen?

Ja, in Genf, Lausanne, auch in Zürich, es war der Beginn des Aikidos in der Schweiz.


War Tadashi Abe auch in der Schweiz?

Er war meistens in Paris, ich meine, er ist bis 1962 geblieben. Vorher war auch noch Maître Mochizuki da. Ab 1964 war dann Tamura Sensei hier. Er war gleich zu Beginn seines Europaaufenthaltes in unserem kleinen Club und wir waren alle begeistert. Dann begann die mobile Phase. Samstags in aller Frühe schlüpften wir ins Auto und düsten nach Annecy oder nach Valence … und sonntagmittags ging es zurück in die Schweiz. Das ging eine Zeitlang so, wir waren jung und hatten alle Zeit dieser Welt. Nach und nach kam Tamura Sensei des Öfteren in die Schweiz, was natürlich sehr angenehm war, auch entwickelte sich so das Aikido in der Schweiz besser. In dieser Periode, es war so ca. 1967, kam auch Tada Sensei in die Schweiz, nicht so häufig wie Tamura Sensei, aber das bereicherte natürlich »die Szene«.

Ich persönlich bin dann auch ab und an nach Italien gefahren, z.B. zu den Osterlehrgängen in Italien. Einmal las meine Frau las etwas und sagte dann zu mir: »Hier steht, dass ein japanischer Meister in Bern lebt!« Ich war dermaßen perplex, dass mir lediglich ein: »Ah, Bern?!?« herausrutschte. Da reist man herum und auf einmal ist da ein Meister »quasi vor der Haustüre«. Voilà, so habe ich Meister Ikeda kennen gelernt.


Wann war das?

1977. Ich nahm uke bei ihm und war überrascht, wie viel Energie ich verspürte… das hat mich wirklich überrascht. Tja, dann hat sich alles bei mir 14 Tage lang im Kopf herum gedreht … er kam nun zum Ende des Jahres in die Schweiz … und als ich zurück war in der Schweiz, war es klar, dass ich mit ihm arbeiten würde.

Die ACSA hat Ikeda Sensei dann engagiert, um mit ihm zusammenzuarbeiten, bis er krank wurde und aufhörte zu unterrichten.


Die ACSA existierte da schon?

Ja, ja. Selbst mit dem Dojo in Lausanne, wir hatten dann auch in der Nähe von Lausanne ein kleines Aikido-Dojo und sind Mitglied der ACSA geworden – das waren die Anfänge der ACSA, so um 1967 herum. Wir waren eines der ersten Dojo der ACSA und Gründungsmitglied des Verbandes.


Ist die ACSA auf Grund einer Spaltung entstanden, oder …

Nein, die Spaltung kam später, einige waren nicht zufrieden und haben sich von der ACSA getrennt. Da waren andere Ideen und dann ist es auch normal, wenn man austritt und etwas anderes gründet.

Tja, '77 das hat dann einiges verändert. Ikeda Sensei sagte klar: »Wir drehen alles zurück und fangen bei Null an!« So hat er langsam, aber bestimmt, nach und nach angefangen, von den Grundbewegungen ausgehend bis in die Techniken hinein, er hat alles von Null an aufgebaut. Er sagte, wenn man Schüler sei, folge man Schritt für Schritt. So wurden dann auch die Unterschiede herausgearbeitet, damit wir verstehen, warum es wichtig ist, bei Null anzufangen.


Was waren die Unterschiede?

Nichts, er unterrichtete sein Aikido wie jeder, nur war seine Pädagogik ein wenig anders, er hatte seinen eigenen Stil. Jeder Meister hat seine Methode der Didaktik. Das war der Unterschied.


Tja, die Techniken bleiben dieselben …

Er näherte sich den Techniken auf unterschiedliche Weise, seine Bewegung war etwas anders, aber ein jeder von uns bewegt sich anders. Also, er suchte immer die Idee in der Lösung, um »Probleme« oder »Schwierigkeiten bei der Ausführung« zu erkennen und sich weiterentwickeln zu können. Auf diese Weise »durchliefen« wir viele Techniken – das hat mit der Zeit einige Türen geöffnet für ein anderes Verstehen, für ein anderes Annähern, für das Verständnis von Aikido.

Oh, in dieser Periode wurden jeden Monat Lehrgänge in den verschiedenen Dojos abgehalten, in denen wir einiges zu studieren bekamen.


Septantesept wie Sie sagen, waren Sie da noch in Lausanne?

(lacht auf)
Ja.
'77, nein da war ich schon in Basel.


Haben Sie hier ein Dojo gegründet?

Nein, es gab schon ein Dojo, das führte ein Herr Hindermann. Er ist mittlerweile verstorben, er begann Aikido in den Fünfzigern in Paris unter Mochizuki Sensei.

Als ich kam, da war schon ein großer Unterschied in der Arbeitsweise zu sehen. Er hat dann aber auch auf die Linie der ACSA umgestellt, zumal dann auch Ikeda Sensei regelmäßig zum Unterrichten kam.

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