Portrait von Rolf Brand

von Dr. Stephan Gronostay – Präsident der AUD

Abschied von Meister Rolf Brand,
8. Dan Aikido

Meister Rolf Brand wurde im Jahr 1932 geboren und studiert seit 53 Jahren ostasiatische Kampf- und Verteidigungssportarten. Auf dem Weg des Aiki befindet er sich seit über 40 Jahren. Er ist Träger des 3. Dan Judo, des 3. Ehren-Dan Taekwondo und des 8. Dan Aikido, der ihm am 16. Oktober 2004 auf einstimmigen Beschluss der 3. Hauptversammlung der Aikido-Union Deutschland e.V. verliehen wurde. Seit 15 Jahren praktiziert Rolf auch die Hand- und Waffenformen des T’ai Chi Ch’uan im Yang-Stil. Seine fundierten Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt er zahlreichen Schülerinnen und Schülern im Aikido-Club Lübeck e.V. und im Hochschulsport der Hansestadt Lübeck.

Der Weg dieses idealistischen Budoka war von Anfang an mit der Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben verbunden, die immer organisatorische, administrative und technische Funktionsbereiche umfassten. Neben der Unterrichtung von Übungsgruppen auf Vereinsebene leitete er im Aikido zahlreiche Lehrgänge auf Landes- und Bundesebene sowie in europäischen Fachverbänden. Durch seine ehrenamtlichen Aktivitäten, der methodisch-didaktisch perfekt durchgeführte Unterricht und seine exzellenten technischen Fertigkeiten hat er zahllose Budoka auf ihrem Weg begeistert und in ihrer persönlichen Entwicklung gefördert.
Schon als Schülergrad (5. Kyu Aikido!) gründete er 1966 als „Referent für Budo-Sportarten“ die Sektion Aikido des Deutschen Judo-Bundes e.V. (DJB) und leitete sie elf Jahre als Vorsitzender. 1971 übernahm Rolf Brand das Amt des Aikido-Bundestrainers im Deutschen Judo-Bund. In dieser wichtigen Rolle als maßgeblicher Aikido-Lehrer Deutschlands förderte er von 1977 bis 2001 im Deutschen Aikido-Bund und seit 2002 in der Aikido-Union Deutschland unzählige Aikido-Schüler und –Schülerinnen.

Durch die Entwicklung der 3. und 4. Form der Aiki-no Kata, der freien Verkettungen, von Prüfungsordnungen für Schüler- und Meistergrade, durch Veröffentlichung diverser Lehrbriefe, die Tätigkeiten in der Übungsleiterausbildung und als Prüfer für Schüler- und Dangrade gestaltete Rolf Brand als hochkompetenter Meister neben seiner direkten Lehrertätigkeit wesentlich die Verbreitung des Aikido in Deutschland. Er ist Autor des vielgelesenen Buches „Aikido – Lehren und Techniken des harmonischen Weges“.

Mit seinen Graduierungen 1995 zum 7. Dan und 2004 zum 8. Dan Aikido wurde er zum Kyoshi, einem Hüter und Bewahrer der Traditionen sowie der geistigen und erzieherischen Inhalte des vom Begründer O Sensei Morihei Ueshiba vorgegebenen, klassischen Lehrsystems des Aikido. Als Lehrer obliegt dem Kyoshi die Vermittlung der damit im Zusammenhang stehenden Elemente, Techniken und Prinzipien auf hohem Niveau.

Der rot-weiße Gürtel symbolisiert mit den roten Anteilen das „Feuer des Herzens“, mit dem sich der Träger für die Verbreitung des Aikido einsetzen soll. Die weißen Anteile sollen ihn daran erinnern, dass er gleichzeitig ein Schüler des Weges (Do) ist.

Enthusiasmus, große Lernbereitschaft und Flexibilität verkörpert Rolf Brand in besonderem Maß. Im Laufe seines Wirkens als Aikido-Meister hat er mehrfach Aikido-Verbände und – organisationen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene gegründet und in Vorstandsämtern geleitet. Dabei stieß er wiederholt auf Widrigkeiten und erfuhr viele sehr demotivierende Enttäuschungen und Verletzungen durch zuvor treue und enge Wegschüler. Exemplarisch soll hierfür die 1977 erfolgte Gründung des Deutschen Aikido-Bundes (DAB), den Rolf Brand bis 1999 erfolgreich als Präsident leitete, genannt werden. Rolf Brand erstritt auf dem Gerichtswege die Aufnahme des DAB in den Deutschen Sportbund und bewirkte so eine bundesweite Anerkennung des Aikido als geförderter Breitensport. Im Jahre 1999 trat Rolf Brand nach vorheriger Ankündigung als Präsident zurück und wurde von den Delegierten der Bundesversammlung zum Ehrenpräsidenten des DAB gewählt.

Nach personellen Veränderungen im Präsidium des DAB und damit im Zusammenhang stehenden verbandspolitischen Entscheidungen, die im Widerspruch zu Grundsätzen des Budo und erklärten Aikido-Prinzipien standen, trat Rolf Brand am 16. Januar 2001 aus Protest als Ehrenpräsident, Mitglied der Technischen Kommission und Bundestrainer zurück und verließ den DAB. Trotz der erfahrenen Enttäuschungen förderte er mit seinem umfassenden Wissen die am 27.04.2002 gegründete Aikido-Union Deutschland e.V. und wurde am 19.07.2002 als Mitglied in die Technische Kommission dieses Verbandes berufen.
Mit der Gründung der Aikido-Union Schleswig-Holstein e.V. und des Aikido-Dachverbandes Schleswig-Holstein e.V. strebt er eine Eingliederung und Anerkennung aller Aikido-Betreibenden in diesem Bundesland im Landessportbund an.

Die Entwicklung des Budo wurde durch Rolf Brand von 1956 bis heute auch in anderen Disziplinen und Ämtern auf internationaler-, Bundes-, Landes- und Vereins-Ebene maßgeblich gefördert. Für seine ehrenamtliche und gemeinnützige Arbeit wurde er vielfach geehrt und ausgezeichnet, unter anderem mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Weitere Einzelheiten können dem diesen Text anhängenden sportlichen Lebenslauf entnommen werden.
Besonders hervorzuheben ist, dass Meister Rolf Brand es immer verstand, nicht nur sein Ziel der Verbreitung des Aikido mit großem Eifer zu verfolgen, sondern auch eine Vielzahl von Aikidoka für diesen schönen, wenn auch manchmal steinigen Weg zu begeistern. Nach dem Motto „Wenn du einen guten Lehrer willst, dann wähle keinen bequemen“ forderte Rolf Brand von seinen Schülern viel. Jedoch stand er ihnen stets als aufrichtiger und sehr warmherziger Begleiter zur Seite, half in verschiedensten Lebenslagen. Er förderte ihre Entwicklung und sprach ihnen Mut zu, sich auch schwierigen Lebensaufgaben zu stellen und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Aber Rolf Brand konfrontierte auch seine Wegschüler mit ihren Schwächen und gab ihnen und sich selbst die Chance, aus entstehenden Konflikten zu lernen und harmonische, konstruktive Lösungen zu finden.

Als Aikido-Pionier hat Rolf Brand sein Leben dem Aikido gewidmet. Er konnte auf diesem Weg immer wieder innehalten und von seiner stabilen und sicheren Mitte heraus in die Ferne schauen. Er verkörpert in der heutigen schnelllebigen Gesellschaft einen Pol der Rückbesinnung und harmonischen Ruhe.
In seiner Arbeit hat Rolf großen Wert auf die Förderung der Gemeinnützigkeit sowie auf demokratische Verbandsstrukturen und ehrenamtlich tätige Funktionsträger gelegt. Er sah darin eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Verbreitung des Aikido. Da er diese Ziele immer geradlinig und unter Zurückstellung persönlicher Interessen auch konsequent verfolgt hat, konnte die Kritik insbesondere professioneller oder dem Zeitgeist zugewandter Aikido-Dane und ihrer Anhänger nicht ausbleiben. Aber auch sie werden zugeben müssen, dass die von Rolf Brand verfolgte „klare und wahre Linie“ nicht nur für die von ihm geförderten Verbände nützlich war, sondern auch zur Entwicklung verschiedener Stilrichtungen (Ryu) beigetragen hat. Dadurch wurde die Verbreitung des Aikido in Deutschland insgesamt gefördert.

Im Frühjahr 2006 hat Rolf angekündigt, dass er seinen Weg des Aiki anlässlich der im Februar 2007 geplanten 13. Hauptversammlung des Aikido-Clubs Lübeck e.V. und darauf folgenden 75. Geburtstages beendet. Danach zog er sich sukzessiv aus den Funktionen auf Landes- und Bundesebene zurück. Als ich am Ende einer kürzlich erfolgten Begegnung feststellte, dass mit mir viele Aikidoka sein Ausscheiden sehr bedauern, stellte er fest: „Jeder Weg hat einen Anfang und ein Ende! Meinen rot-weissen Gürtel gebe ich als Symbol des Dankes an meine aufrichtigen Meister-Schüler weiter. Damit verbinde ich die Hoffnung, dass sie das von O Sensei Morihei Ueshiba geschaffene Aikido im Sinne meiner langjährigen Bemühungen weiter fördern und verbreiten.“

Die AUD und ihre Mitglieder bedauern die zwischenzeitlich vollzogene Entscheidung sehr, da sie mit Rolf ihren kompetentesten Lehrer mit dem größten Charisma verlieren. Diese Lücke wird auf unabsehbare Zeit nicht gefüllt werden können. Gleichwohl haben sie Verständnis für die Entscheidung und danken Meister Rolf Brand besonders auch für die intensive und fachkundige Unterstützung auf organisatorisch-administrativer Ebene, die vielen lehrreichen Aikido-Unterrichtsstunden und für alle weiteren ehrenamtlichen Tätigkeiten (z.B. als Prüfer für Kyu- und Dan-Grade), die er stets gewissenhaft, neutral und engagiert ausgeführt hat.

Die AUD wünscht Meister Rolf Brand für die Zukunft alles Gute, beste Gesundheit und noch viel Energie zur Verwirklichung seiner Träume.

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